Charles Brown kann am 1.Oktober die Leitung der Vereinigten Stabschefs der amerikanischen Streitkräfte übernehmen. Die Ein-Mann-Blockade im Senat, die mehr als 310 Beförderungen beim Militär verhindert, ist damit noch nicht zu Ende.
Renzo Ruf, Washington
3 min
Die Blockade bröckelt. Der Senat hat am Mittwoch Charles «C.Q.» Brown als neuen Vorsitzenden der Vereinigten Stabschefs der amerikanischen Streitkräfte bestätigt. Damit kann der bisherige Chef der Luftwaffe die Nachfolge von General Mark Milley übernehmen, dessen Amtszeit turnusgemäss am 30.September enden wird.
Brown, ein 1962 geborener Viersternegeneral der Luftwaffe, wurde mit 83 zu 11 Stimmen bestätigt. Eine klare überparteiliche Mehrheit befürwortete seine Beförderung zum wichtigsten militärischen Berater von Präsident Joe Biden und Verteidigungsminister Lloyd Austin.
Die Abstimmung kam überraschend. Denn eigentlich blockiert ein einziger Senator – der Republikaner Tommy Tuberville – seit Jahresbeginn sämtliche schnellen Abstimmungen über militärische Ernennungen, die vom Senat genehmigt werden müssen. Mehr als 310 Personalentscheidungen sind derzeit anhängig.
Streit um Spesen
Der Grund für diese Protestaktion Tubervilles: Der ehemalige Football-Trainer aus Alabama stört sich daran, dass weibliche Militärangehörige die Reisespesen rückerstattet bekommen, wenn sie zu einer Abtreibungsklinik reisen müssen, um eine Schwangerschaft abzubrechen. Er fordert einen Stopp dieser «illegalen» Praxis, mit der das Pentagon zu Jahresbeginn auf die Aufhebung des nationalen Rechts auf Abtreibung reagiert hatte.
Nun scheint Chuck Schumer, der Chef der demokratischen Mehrheitsfraktion, die Geduld zu verlieren. Nachdem Tuberville diese Woche mit einem parlamentarischen Manöver gedroht hatte, das Schumer hätte blamieren können, setzte der Mehrheitsführer am Mittwoch die Abstimmung über Brown ohne Vorwarnung auf die Traktandenliste des Senats.
Der Demokrat traf zudem Vorbereitungen, damit die kleine Kammer des Kongresses am Donnerstag über die Nomination von General Randy George als Stabschef des Heeres und von General Eric Smith als Kommandant des Marinekorps abstimmen konnte. Der Senat bewilligte beide Personalien.
Tuberville will nicht nachgeben
Tuberville zeigte sich zufrieden darüber, dass er Schumer dazu gezwungen hatte, zu handeln. «Es war endlich Zeit.» Sein Ziel sei es nie gewesen, sagte er sinngemäss, eine parlamentarische Debatte zu verhindern. Vielmehr habe er die Praxis des Senats stoppen wollen, über Personalfragen der Streitkräfte en bloc abzustimmen. Tuberville stimmte allerdings auch jetzt gegen Browns Beförderung.
Erneut forderte der rechte Senator ein Ende der Politik des Pentagons, Reisespesen bei Abtreibungen zurückzuerstatten – obwohl sich kürzlich herausstellte, dass im vergangenen halben Jahr wohl nur ein Dutzend Soldatinnen von dieser Praxis Gebrauch gemacht hatten. Er halte deshalb an seiner Blockade fest, sagte der Politiker, der sich gerne «Coach» nennt.
Sen. Tuberville (R-AL) on Senate Majority Leader Schumer's (D-NY) plans for standalone votes for three military nominations, despite his months-long blocking of military nominees in protest of a Pentagon abortion policy. Hundreds of senior officers remain unconfirmed. pic.twitter.com/Wq910DPeu5
— CSPAN (@cspan) September 20, 2023
Unruhe in den Streitkräften
Schumer kritisierte den Republikaner deutlich und lehnte Konzessionen ab. «Senator Tuberville wird nichts erreicht haben», sagte der Demokrat. Der Republikaner beschädige mit seiner Blockade die Streitkräfte. Tatsächlich sorgt der faktische Beförderungsstopp im Pentagon für grosse Unruhe, da Promotionen und Ernennungen häufig mit Umzügen verbunden sind und diese nun in der Schwebe liegen.
Schumer weigerte sich bisher, über die Nominationen einzeln abzustimmen – weil dies zu viel Zeit kosten würde, wenn sich der Senat mit wichtigeren Geschäften beschäftigen sollte. Auch wollten die Demokraten das Fussvolk der Streitkräfte nicht vor den Kopf stossen, indem zuerst die Beförderung hochrangiger Generäle bestätigt würde. In diesem Punkt zumindest haben die Demokraten nachgegeben.
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